10 Jahre Kinderfreundliche Kommunen: Ein Programm, das wirkt.

Von 2020 bis 2022 erstellte empirica AG im Auftrag des Vereins Kinderfreundliche Kommunen eine Analyse zur Wirksamkeit unseres gleichnamigen Programms. Ziel dieser Wirkungsanalyse war es, mittels einer Befragung Veränderungen der Kinderfreundlichkeit im Vergleich zum Eintritt in das Programm in zwölf Kinderfreundlichen Kommunen zu ermitteln. Dafür wurden die Ursprungsdaten, mit denen aus dem Jahr 2021 gegliedert nach den vier Schwerpunkten Kindeswohlvorrang, Kinderfreundliche Rahmenbedingungen, Beteiligung und Information verglichen.

Ergebnisse

In jedem der vier Schwerpunkte waren positive Veränderungen messbar, wobei die deutlichsten Verbesserungen im Bereich der Kinder- und Jugendbeteiligung erreicht wurden. So hat sich die Zahl der Städte und Gemeinden mit einem Kinder und/oder Jugendgremium verdoppelt. Darüber hinaus gibt es nun – mit einer Ausnahme – in allen untersuchten Kommunen eine_n festen Ansprechpartner_in für Kinder- und Jugendpartizipation. Und immerhin ein Drittel hat offizielle Konzepte zur Kinder- und Jugendbeteiligung auf kommunaler Ebene eingeführt. Doch auch die Ergebnisse der anderen Schwerpunkte können sich sehen lassen: In drei Viertel aller Kommunen gibt es nun eine_n Kinder- und Jugendbeauftragten. Ein kinderfreundliches Leitbild haben bisher sieben Kommunen erarbeitet und die Hälfte der befragten Kommunen berichtet nun regelmäßig über die Situation von Kindern und Jugendlichen im Rahmen der Sozialberichterstattung. Diese und weitere Ergebnisse können Sie im Abschlussbericht nachlesen.

Erfolgsfaktoren und Hindernisse

Neben diesem Datenvergleich führte empirica AG Interviews in fünf Kommunen durch, in denen folgende Erfolgsfaktoren und Hindernisse benannt wurden:

  • Der Aufbau von festen Strukturen für eine Interessenvertretung ist ein großer Erfolgsfaktor für mehr Kinderfreundlichkeit.
  • Die fachliche Begleitung innerhalb des Programms fördert Ideen und erleichtert die Umsetzung.
  • Der Aktionsplan schafft Verbindlichkeit. Die Umsetzung des Aktionsplans wird durch die Stärkung und den Rückhalt durch Politik und Verwaltungsspitze erleichtert.
  • Damit Politik und Verwaltung die Ziele der UN-Kinderrechtskonvention kennen und im täglichen Handeln berücksichtigen, ist ein Wandel im Verwaltungshandeln erforderlich. Dieser Prozess dauert und ist nicht kurzfristig umsetzbar.
  • Insbesondere in kleineren Kommunen fehlen die erforderlichen personellen Ressourcen. Manchmal fehlt es nicht an Ressourcen, sondern einfach an einer spezifischen Fachexpertise innerhalb der Verwaltung.
  • Neben der Verwaltung und Politik hilft es die Aufgaben einer kinderfreundlichen Kommune auf möglichst viele Schultern zu verteilen.
  • Die Einbindung von Schulen ist noch nicht systematisch erfolgt und gestaltet sich aufgrund fehlender personeller Ressourcen in den Schulen schwer.
  • Fehlende Daten zur Situation von Kindern und Jugendlichen (z. B. Schuleingangsuntersuchungen) und personelle Ressourcen hemmen die Berichterstattung.
  • Die Corona-Pandemie hat eindrucksvoll die mangelnden Rechte von Kindern in Deutschland vor Augen geführt und die Kommunen stark in der Umsetzung des Aktionsplans eingeschränkt.
  • Kleinere Kommunen profitieren von kurzen Wegen in der Verwaltung. Aber kreisangehörige Kommunen sind in vielen Bereichen abhängig vom Landkreis.
  • das Siegel „Kinderfreundliche Kommune“ wirkt als Marketinginstrument.

Good-Practice-Beispiele

Darüber hinaus finden sich in der Wirkungsanalyse vier Beispiele guter Praxis aus den Kinderfreundlichen Kommunen:

  • Temporäre Spielstraßen in Köln und Stuttgart (Schwerpunkt Kindeswohlvorrang)
  • Leitbild zur Berücksichtigung der Interessen von Kindern und Jugendlichen in Oestrich-Winkel (Schwerpunkt Rahmenbedingungen)
  • Dorfcheck Algermissen (Schwerpunkt Beteiligung)
  • Digitale Durchführung des Weltkindertages in Wolfsburg in Zeiten von Corona (Schwerpunkt Information und Monitoring)

Sonderauswertung Hessisches Kinderrechte-Monitoring

Seit 2021 beobachtet die Monitoring-Stelle UN-Kinderrechtskonvention des Deutschen Instituts für Menschenrechte die Umsetzung der Kinderrechte in Hessen.

Zu den Aufgaben der Monitoring-Stelle UN-Kinderrechtskonvention gehören

  • die Bekanntmachung der Kinder- und Jugendrechte,
  • die Beratung und Begleitung der Landesregierung und Kommunen sowie von Justiz, Anwaltschaft und Zivilgesellschaft bei der Auslegung und kinder- und jugendgerechten Umsetzung der UN-KRK,
  • die Zusammenarbeit mit der Kinder- und Jugendrechtsbeauftragten in Hessen,
  • die enge Zusammenarbeit mit der Zivilgesellschaft und Forschungsinstituten sowie mit Kindern und Jugendlichen im Sinne der Beteiligungsrechte nach Artikel 12 der UN-KRK,
  • die Mitwirkung in politischen Prozessen und die Abgabe von Stellungnahmen etwa in ausgewählten Verfahren/Gesetzgebungsverfahren.

In diesem Projekt hat die Monitoring-Stelle UN-Kinderrechtskonvention des Deutschen Instituts für Menschenrechte im Auftrag des Hessischen Ministeriums für Soziales und Integration im Zeitraum 2022–2023 die erste Arbeitsphase des Kinder- und Jugendrechte-Monitorings in Hessen durchgeführt. Im Zentrum stand die Bekanntmachung der Kinder- und Jugendrechte. Zu den Ergebnissen steht nun eine Sonderauswertung zu den Kinderfreundlichen Kommunen aus Hessen zur Verfügung.

 

Ergebnisse der Sonderauswertung

An der Befragung, die Ende 2022 durchgeführt wurde, haben insgesamt 179 hessische Kommunen teilgenommen. Für die vergleichende Analyse wurden Kommunen mit weniger als 5.000 Einwohnern nicht berücksichtigt, da es keine Kinderfreundliche Kommune in dieser Kategorie gibt, und sie daher nicht als Vergleichsgröße herangezogen werden sollten. Für die Auswertung wurden insgesamt 136 Kommunen berücksichtigt, die sich wie folgt auf die beiden Gruppen verteilen:

Kinderfreundliche Kommunen: n = 7

Kommunen, die keine KFK sind, über 5.000 Einwohnern: n = 129

Die Analyse kommt zu dem Ergebnis, dass die am Programm „Kinderfreundlichen Kommunen“ teilnehmenden Städte bezüglich der Orientierung an der Kinderrechtskonvention oder der Implementierung der Kinderrechte im kommunalen Handeln insgesamt besser abschneiden als die Kommunen, die nicht am Programm teilgenommen haben. Verschiedene Maßnahmen, die das Wissen und die Kompetenz in Bezug auf Kinderrechte steigern sowie zu ihrer Verbreitung und Implementierung beitragen, fanden sich statistisch signifikant häufiger in den Kinderfreundlichen Kommunen. Auch andere Ergebnisse, die für sich betrachtet nicht statistisch signifikant sind, lassen sich im Rahmen eines Gesamtbilds betrachtet, in dem eine Tendenz dafür sichtbar ist, dass in Kinderfreundlichen Kommunen häufiger Maßnahmen in Orientierung an den Kinderrechten zu finden sind.

Downloads

Unsere Wirkungsanalyse als PDF zum Download.

Sonderauswertung Kinderrechte-Monitoring Hessen als PDF zum Download