Seit 2012 beteiligt sich Weil am Rhein als erste Stadt in Baden-Württemberg am Vorhaben „Kinderfreundliche Kommunen“. Ende 2014 begann die Umsetzung des Aktionsplanes. Er beinhaltet den Themenbereich „Verankerung der Kinderrechte und Beteiligung von Kindern und Jugendlichen im Verwaltungshandeln“. Die beiden wichtigsten Maßnahmen hierzu waren die Erstellung eines Leitbildes „Kinderfreundliche Kommune“ und die Erarbeitung eines Leitfadens für das Verwaltungshandeln.
Leitbild Kinderfreundliche Kommune
Das Leitbild wurde in einer ämterübergreifenden Arbeitsgruppe erarbeitet, abgestimmt und anschließend im Gemeinderat beraten und als Leitlinie für die Stadt verabschiedet.
Die sechs Grundsätze des Leitbildes lauten:
- Kinderfreundlichkeit ist eine tragende Säule für die Zukunft unserer Stadt.
- Kinderfreundlichkeit bedeutet Familienfreundlichkeit.
- Wir schaffen Strukturen, in denen sich Kinder aller Altersgruppen entfalten können.
- Wir verankern die Kinderrechte und Kinderinteressen in Politik und Verwaltung.
- Wir beteiligen Kinder und Jugendliche grundsätzlich bei allen sie betreffenden Belangen.
- Wir informieren transparent und altersgerecht zu Projekten und Vorhaben.
Bei der Erstellung unseres Leitfadens für das Verwaltungshandeln erhielten wir große Unterstützung durch den Verein Kinderfreundliche Kommunen. Weil am Rhein durfte als Pilotkommune den Workshop „Kinderrechte im Verwaltungshandeln“ erarbeiten. Die Werkstatt mit vier Workshops wurde begleitet durch das Institut für partizipative Prozesse und Trainings (IPPT Berlin) und den Verein Kinderfreundliche Kommunen und gefördert vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. An den Workshops nahmen Mitarbeitende aus allen Bereichen der Verwaltung teil.
Unsere Ziele für die Werkstatt
Ergebnisziel: Es ist ein ressortübergreifender verbindlicher Verwaltungsleitfaden für die Kinder- und Jugendbeteiligung entwickelt.
Prozessziel: Die Mitarbeitenden der Verwaltung erfahren, dass Beteiligung eine Grundeinstellung ist, die wir in Weil am Rhein verfolgen und dass Beteiligung eine Bereicherung für die Prozesse ist. Kinder werden als Partner_innen unserer zukunftsorientierten Verwaltung entdeckt.
- Identifizierung von Ansatzpunkten eines praktikablen Verwaltungsverfahrens
- Vorstellung von Beispielen für die Umsetzung von Beteiligung
- Entwicklung eines Gerüsts für den Verwaltungsleitfaden Weil am Rhein
- Vorläufiger Arbeitsplan
- Verschriftlichung eines ersten Entwurfs
- Rückkoppelung in den einzelnen Fachbereichen: Bedenken und Anregungen zur Weiterentwicklung des Verwaltungsleitfadens
- Auswertung/Zusammenführung der Rückkoppelungen, fachliche Empfehlungen
- Weiterentwicklung des Leitfadens
- Vereinbarungen zur Erprobung und Umsetzung
- Evaluation ggf. Modifizierung
Werkstatt Kinderrechte im Verwaltungshandeln
-
Leitfaden für die Beteiligung
- Arbeitshilfe für die Fachbereiche zur internen Prüfung:
Beteiligung erforderlich: ja oder nein - Checkliste für das Beteiligungsverfahren
- Methodensammlung
- Gesetzessammlung: Vorschriften zur Beteiligung
-
Verwaltungsleitfaden
- Interne Prüfung im Fachamt
- Treffen der Startergruppe
- Planen und Strukturieren:
- Wer, wie, welche Akteur_innen, welche Partner_innen, Kosten, Zeitplan
- Durchführung Beteiligung und Auswertung
- Umsetzung Vorhaben
- Abschluss Beteiligung mit Feedback an die Teilnehmenden
In den Workshops wurde deutlich, dass sich die Fachbereiche Unterstützung wünschen. Im Leitfaden ebenfalls vereinbart:
- Die Fachbereiche werden durch Kinder- und Jugendbeauftragte beraten
- Die Kinder- und Jugendbeauftragten und die Stadtjugendpflege unterstützen bei den Beteiligungsverfahren, vernetzen und vermitteln Kontakte
- Die Kinderfreundliche Kommune hat ein Beteiligungsbudget, um kurzfristig auf externe Hilfe zurückzugreifen
-
Kinderfreundliche Kommune in der Praxis
- Vorstellung Leitfaden bei den Amtsleitungen
- Start 2019 mit der ersten Startergruppe
- Dauerhafte Beibehaltung des ressortübergreifenden Teams:
das Team wird den Prozess als AG „Beteiligung“ begleiten, evaluieren und ggf. anpassen - Bereits laufende Beteiligungsverfahren z.B. zum Neubau
einer Kindertageseinrichtung mit Jugendzentrum - Durchführung der Zukunftswerkstatt „Kinderfreundliche Kommunen" mit vielen Akteur_innen, Vertretenden aus der Politik und natürlich mit Kindern und Jugendlichen
- Abschlussbericht und Antrag auf Re-Zertifizierung:
„Wir möchten den Weg weitergehen" - Erarbeitung eines neuen Aktionsplanes
Fazit
Die intensive Auseinandersetzung – mit klar definierten Ergebniszielen – hat uns in der Umsetzung unseres Aktionsplanes ein großes Stück weitergebracht. Nach anfänglicher Skepsis dem Vorhaben gegenüber, entstand im Laufe der Workshops zunehmend eine Dynamik und Begeisterung, die wir in die weitere Arbeit nehmen möchten. Durch die Erfahrungen der Mitarbeitenden aus nahezu allen Bereichen der Verwaltung entstand ein enger Bezug zur Praxis. Auf diese Weise ließen sich alle Abläufe und Zusammenhänge ermitteln, die für eine effektive Umsetzung der Kinderrechte im Verwaltungshandeln und die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen relevant sind.
Autorin
Annette Huber, Leiterin des Hauptamtes Stadt Weil am Rhein