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Definition „Jugendpflege“
Der Begriff „Jugendpflege“ stammt aus der Zeit des Jugendwohlfahrtsgesetzes vor Inkrafttreten des Kinder-und Jugendhilfe Gesetzes (SGB VIII) – dort auch in Abgrenzung zum Begriff der „Jugendfürsorge“.
Das Kinder- und Jugendhilfegesetz (Abkürzung: KJHG) wurde 1990 vom deutschen Bundestag verabschiedet. Es trat am 1. Januar 1991 in den westlichen Bundesländern in Kraft und löste das bis dahin geltende Jugendwohlfahrtsgesetz (JWG) von 1922 (in der Fassung von 1963) ab. In den neuen Bundesländern erlangte das Gesetz direkt nach der Wende bereits am 3. Oktober 1990 seine Gültigkeit.
Mit dem neuen Gesetz verschwand 1990 die Bezeichnung „Jugendpflege“ aus den gesetzlichen Grundlagen. Gleichwohl hält sich bis heute dieser Begriff in der Jugendhilfe-Praxis. Er hat dabei einen breiten Bedeutungshof: In einer weiten Auslegung erfasst er die §§ 11 – 14 (Jugendarbeit i. E. S., Jugendverbände, Jugendsozialarbeit, Erzieherischer Kinder und Jugendschutz). In einer engen Auslegung betrifft er lediglich den § 11 (Jugendarbeit). Dabei geht es dann– mit einem eigenständigen Erziehungs- und Bildungsauftrag – um folgende Schwerpunkte der Jugendarbeit:
- außerschulische Jugendbildung mit allgemeiner, politischer, sozialer, gesundheitlicher, kultureller, naturkundlicher und technischer Bildung.
- Jugendarbeit in Sport, Spiel und Geselligkeit,
- arbeitswelt-, schul-und familienbezogene Jugendarbeit,
- internationale Jugendarbeit,
- Kinder- und Jugenderholung,
- Jugendberatung.
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Kinder-und Jugendarbeit
Die Kinder-und Jugendarbeit konzentriert sich im Kern auf den Freizeitbereich junger Menschen außerhalb von Familie, Schule und Beruf. Dabei ist eine Förderung in diesem Bereich – es geht um Jugendliche und Heranwachsende – bis zum Alter von 27 Jahren möglich. Jugendarbeit nach § 11 in diesem Sinne zählt zusammen mit der Förderung der Jugendverbände (§ 12), der Jugendsozialarbeit (§ 13) und dem Erzieherischen Kinder-und Jugendschutz (§ 14) zur „Allgemeinen Förderung von Kindern und Jugendlichen“. Jugendarbeit nach § 11 und der Erzieherische Kinder- und Jugendschutz nach § 14 wenden sich an alle Kinder und Jugendlichen. Die Selbstorganisation der Jugend in Verbänden (Förderung der Jugendverbände nach § 12) betrifft nur die Mitglieder der Jugendverbände. Der § 13 Jugendsozialarbeit wendet sich nur an besonders benachteiligte Jugendliche.
Jugendarbeit als Handlungsfeld der Jugendhilfe ist in der Form der „Jugendpflege“ – wenn wir einmal die Jugendverbandsarbeit und die Jugendbewegungen beiseitelassen – in seinen Ursprüngen zu Beginn des 20. Jahrhunderts im Kern staatlich geprägte Jugendpflege mit ordnungspolitischem Duktus. Es ging also ursprünglich sehr stark um „behördliche Jugendpflege“.
Dieser Bedeutungsanteil hat sich – auch wenn der Begriff aus dem Gesetzestext des SGB VIII verschwunden ist – in einigen Bereichen der Praxis bis heute gehalten: Der Begriff „Jugendpflege“ ist dabei für die Jugendarbeit der freien Träger unüblich. Man spricht dagegen von „Kommunaler Jugendpflege“, wenn eine Gemeinde (und nicht ein freier Träger) die örtliche Jugendarbeit organisiert. Dann ist aber meistens allein der § 11 im Fokus. Weiterhin hat sich dieser Begriff auf der Ebene „Kreisjugendpflege“ (bzw. „Stadtjugendpflege“ bei kreisfreien Städten) bis heute gehalten. In letzterem Fall ist aber im allgemeinen eine Zuständigkeit nicht nur für § 11, sondern meistens für die §§ 11 – 14 insgesamt üblich. Es gibt also in der Regel keine ehrenamtlichen Jugendpfleger_innen bei freien Verbänden, sondern nur hauptamtliche im kommunalen Auftrag.
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Begriffliche Unsicherheiten
Zur begrifflichen Verwirrung führt gelegentlich auch der verbreitete Sachverhalt, dass die Kommunale Jugendpflege oft identisch ist mit dem „Kinder-und Jugendbüro“ einer Kommune, dessen Leitung dann häufig dem örtlichen „Jugendpfleger/der Jugendpflegerin“ obliegt. Es gibt aber auch eigenständige „Kinder-und Jugendbüros“ ohne diese Konstruktion.
Eine weitere begriffliche Unsicherheit entsteht dadurch, dass dem örtlichen Jugendpfleger/der Jugendpflegerin in Personalunion die Aufgabe des/der örtlichen „Kinder-und Jugendbeauftragten“ zugeordnet wird.
Es gibt aber in diesem Bereich ebenso häufig die Situation, dass die Kinder- und Jugendbeauftragten eine völlig eigenständige, von der Jugendpflege abgetrennte Funktion erfüllen (sowohl in ehrenamtlicher, als auch in hauptamtlicher Version).
Diese manchmal unklare Lage in Bezug auf Definition, Funktion und Aufgabe kann in der Praxis des kommunalen und sozialräumlichen Handelns (bei Projekten, Programmen und Maßnahmen) gelegentlich zu Unschärfen, Abgrenzungsproblemen und Widersprüchen führen.
Autor
Prof. Dr. Waldemar Stange, Leuphana Universität, Lüneburg; Sachverständiger Kinderfreundliche Kommunen e.V.
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Aufgaben und Zweck von Kinderbeauftragten – nach der Definition durch die BAG Kommunale Kinderinteressenvertretungen
Kommunale Kinderbeauftragte – auch Kinder- und Jugendbeauftragte oder Kinder- und Familienbeauftragte – vertreten Kinderinteressen auf kommunaler Ebene und wirken hin auf eine kindergerechte Haltung in Politik und Gesellschaft. Sie arbeiten auf der Grundlage der UN-Konvention über die Rechte des Kindes. Ziel ihrer Arbeit ist folglich die Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention auf kommunaler Ebene und die Förderung kinder- und jugendgerechter Kommunen.
Als Norm zur Vertretung von Kinderinteressen ist der/die Kinderbeauftragte als Stabsstelle mit einem strategisch konzeptionellen Auftrag eingesetzt und ist mit Querschnittsaufgaben in allen kommunalen Politikfeldern betraut.
Kinderbeauftragte besitzen Fachkompetenz in den Feldern:
- Kinderrechte,
- Kinder- und Jugendpolitik,
- Beteiligung von Kindern und Jugendlichen, im Beschwerdemanagement und der ombudschaftlichen Vertretung von Kindern und Jugendlichen,
- Erfahrungen in der kinder-, jugend- und familiengerechten strategischen Stadtentwicklung.
Als Interessenvertretende verfolgen sie im Sinne von Kindern und Jugendlichen die Ziele:
- Sie sprechen für die Belange von Kindern und Jugendlichen und setzen sich für sie ein.
- Sie klären Kinder und Jugendliche über ihre Rechte auf und befähigen sie zur selbstbestimmten Durchsetzung ihrer Rechte.
- Sie nehmen selbst initiierte Formen der Beteiligung von Kindern und Jugendlichen wahr, machen sie öffentlich und unterstützen sie.
Als Standards für Kinderbeauftragte empfiehlt die BAG kommunale Kinderinteressenvertretungen:
- Jede Gebietskörperschaft richtet eine personell, finanziell und technisch angemessene Stabsstelle für einen/eine Kinderbeauftragte ein. Sie ist der Verwaltungsspitze zugeordnet. Sie ist anerkanntes Bindeglied zwischen Verwaltung und Politik sowie Kindern und Jugendlichen.
- Aufgaben und Kompetenzen sind durch einen politischen Beschluss legitimiert und gewährleistet Unabhängigkeit und Handlungsspielraum.
- Der/die Kinderbeauftragte hat Sitz und Stimme in politischen Fachausschüssen und Rederecht im kommunalen Parlament. Die Beteiligung an kommunalen Vorhaben ist festgeschrieben.
- Als berufliche Qualifikation wird ein Diplom-/Masterstudium in einer relevanten Studienrichtung bzw. eine analoge Qualifikation vorausgesetzt.
Autorin
Sylvia Fiedler, Kinder- und Familienbeauftragte der Stadt Salzgitter; Sachverständige Kinderfreundliche Kommunen e.V.