Kinderrechte im Gemeinwesen verankern – Informationen richtig anbringen

Ein Fachbeitrag von Prof. Dr. Roland Roth

Städte und Kommunen, die umfassend über Kinderrechte informieren, sind auf dem richtigen Weg zu mehr Kinderfreundlichkeit. Ein gutes Wissen darüber ist die Basis für eine effektive Kinderrechtspolitik. Denn nur wenn die Kinderrechte bei allen Beteiligten ins Bewusstsein gedrungen sind, wird Kinderfreundlichkeit zum Leitmotiv. Welche Möglichkeiten der Informationsvermittlung gibt es? Was bewirkt sie? An welchen Stellen lassen sich Kinder und Jugendliche beteiligen?

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  • Kinderrechte bekannt machen

Was man nicht kennt, kann man nicht wertschätzen. Nur die Rechte, die bekannt sind, können auch eingefordert werden. Empirische Untersuchungen bestätigen immer wieder, dass der Bekanntheitsgrad der Kinderrechte in Deutschland gering ist. Eine Mehrheit der Bevölkerung kennt sie nur dem Namen nach oder gar nicht. Der Kinderreport von 2018 hat ergeben, dass dies bei den Kindern 84 Prozent, bei den Erwachsenen sogar 87 Prozent sagen. Im Vergleich zum Vorjahr hat der Bekanntheitsgrad sogar abgenommen[1]. Zu den herausfordernden Details dieser Befragungen gehört, dass Eltern mit Kindern sich in dieser Frage nur unwesentlich von Personen ohne Kinder unterscheiden. Auch die Bildungs- und Altersunterschiede oder Stadt-, und Land-Differenzen bieten keine grundlegende Korrektur des Bekanntheitsdefizites.

Kommunen, die sich auf den Weg zu mehr Kinderfreundlichkeit begeben, können somit nicht voraussetzen, dass die Kinderrechte, an denen sie sich verstärkt orientieren und die sie umsetzen wollen, überhaupt bekannt sind. Dies gilt für die lokale Bevölkerung insgesamt, für Kinder und Jugendliche, aber auch für die Mehrzahl der Mitarbeitenden in der Kommunalverwaltung und den lokalen Diensten. Gefragt sind deshalb vielfältige und phantasievolle Bildungsoffensiven, die Kinderrechte bekannt machen und nach Möglichkeit in der DNA eines Gemeinwesens verankern.

Die Kommune informiert umfassend und generationenübergreifend über die Kinderrechte, lautet deshalb das erste Gebot. Nur so kann die lokale Unterstützung für eine anspruchsvolle Kinderrechtspolitik wachsen und stark bleiben, die sich in alle kommunale Handlungsfelder einmischt, die Kinder und Jugendliche berühren. Nur so lässt sich auch die Einsicht und Unterstützung stärken, wenn es darum geht, bei Interessenkonflikten und Abwägungen Kinderrechten Vorrang zu verschaffen, wie es die UN-Kinderrechtskonvention in Artikel 3 verlangt. Nur so können junge Menschen ermutigt werden, ihre Kinderrechte vor Ort einzufordern. Nur so kann bei Erwachsenen die Einsicht gefördert werden, dass die kommunalpolitische Orientierung an Kinderrechten der ganzen Stadt und der ganzen Gemeinde  zugutekommt.

 

  • Informationsvermittlung

Kinder über ihre Rechte zu informiere ist biografisch von Anfang an möglich. Zudem wird deutlich, dass Informationen über Kinderrechte im Prinzip immer und überall möglich sind – etwa bei Sportereignissen und Ferienspielen, im Amtsblatt und durch Theateraufführungen. Der Phantasie sind keine Grenzen gesetzt. Je stärker Kinder und Jugendliche selbst in die Information über Kinderrechte einbezogen sind, desto authentischer und wirksamer dürfte ihre Vermittlung ausfallen. Informationen, die auf diese Weise vermitteln werden, können einen aktivierenden Charakter haben.

 

  • Partizipative Evaluationen und Rückmeldungen

Regelmäßige Befragungen von Kindern und Jugendlichen machenKinderrechte konkret und anschaulich. Die Fragen liegen auf der Hand: Wie kinderfreundlich ist eigentlich unsere Kommune aus Kindersicht? Was schätzen die jungen Menschen und wo sehen sie Mängel? Wie kommen die Maßnahmen und Projekte an, die in den Aktionsplänen entwickelt wurden? Wo sollte nachgesteuert werden? Evaluation und Monitoring werden bei öffentlichen Maßnahmen häufiger gefordert als umgesetzt. Meist scheint der Aufwand letztlich zu groß oder die Ergebnisse fallen zu unhandlich aus. Kinderfreundliche Kommunen haben sich viel einfallen lassen, wie sie die Sicht der beteiligten und anzusprechenden jungen Menschen einholen können. Es geht um partizipative Evaluationen und Rückmeldungen, die formativ, d. h. mit Einfluss auf das weitere Geschehen und Planungen genutzt werden. Regelmäßige Berichte stellen die aktuelle Situation von Kindern und Jugendlichen in ihrer Kommune dar. Dazu müssen sie Kinder und Jugendliche regelmäßig befragen oder/und in möglichst inklusiven Beteiligungsprozessen anhören. Nicht von ungefähr gehört die Befragung von Kindern und Jugendlichen vor Ort zur obligatorischen Voraussetzung, wenn Gemeinden und Städte sich auf den Weg zur Kinderfreundlichen Kommune begeben. Ein regelmäßiges Monitoring, das zentrale Lebensbereiche von Kindern erfasst, zeichnet sich jedoch allenfalls in Ansätzen ab.

 

  • Zeitgemäße Kommunikation

Kinderfreundliche Kommunen informieren außerdem umfänglich über alle vorhandenen Angebote und Maßnahmen für junge Menschen. Besonders Kinder in schwierigen Lebenslagen und ihre Familien benötigen Informationen über Beratungsangebote, Unterstützungsmöglichkeiten und Anlaufstellen in ihrer Umgebung. Kinder und Jugendliche werden dabei unterstützt, wenn sie eigene Kommunikationsplattformen und Öffentlichkeitsformen aufbauen und unterhalten. Dabei spielen digitale Medien eine wachsende Rolle.

 

Autor
Prof. Dr. Roland Roth, Hochschule Magdeburg-Stendal, Sachverständiger Kinderfreundliche Kommunen e.V.

 


[1] Deutsches Kinderhilfswerk 2018: Kinderreport Deutschland 2018. Rechte von Kindern in Deutschland. Berlin: DKHW, S. 35.