Ein Spielplatz ganz nach dem Geschmack der jungen Bürger_innen

Unter Kinderbeteiligung gebaute Spielfläche bringt ab sofort Leben in Remchingens Ortsmitte

Ein Bericht von Julian Zachmann.

Wie gut, dass eben nicht immer nur die Erwachsenen das Sagen haben: Eigentlich hatten die Lehrkräfte und Erzieherinnen, die am Mittwochmorgen mit hunderten Schülern und Kindergartenkindern zur Einweihung des Erlebnisspielplatzes an der Neuen Ortsmitte am Remchinger Rathausneubau kamen, geplant, dass die jungen Abenteurer erst allen Trubel abwarten sollen und dann am Nachmittag in aller Ruhe mit dem Spielen beginnen können. Doch kaum hatten die jungen Vertreter das rot-weiße Flatterband durchgeschnitten, stürmten die Jungs und Mädchen ohne Halten auf die Spielgeräte und brachten reges Leben in die Ortsmitte. „Was für ein besseres Zeichen könnte es geben für ein gelungenes Beteiligungsprojekt?“, freute sich Rathausmitarbeiterin Michaela Ungerer, zuständig für das Projekt „Kinderfreundliche Kommune“, durch das der Spielplatz im Frühjahr 2017 ins Rollen gekommen war. 

Anstatt nämlich die üblichen Standardgeräte zu verbauen, ließen sich Bauamtsleiter Markus Becker und Planer Michael Bauch darauf ein, die Kinder selbst entscheiden zu lassen. Das habe zwar anfangs durchaus Überwindung gekostet – zahle sich nun aber mehr als aus, resümierten die beiden: „Ohne euch wäre das nie so toll geworden!“ In einer der laut Experten größten kommunalen Kinderbeteiligungen in Baden-Württemberg ließen über 200 Dritt- und Viertklässler ihrer Kreativität freien Lauf, nachdem sie sich  unter Vorschlägen wie „Spiel“, „Spaß“ oder „Kinderrechte“ am Ende zusammen mit der Gemeinderatsjury auf das Wort „Remchingen“ geeignet hatten, dessen zehn Buchstaben nun als vielfältige Spielgeräte vom Rutschen-R über das Schaukel-H bis zum „chilligen“ C zum Ausruhen für einen echten Mehrgenerationen-Treffpunkt sorgen. Verbunden sind die vom Stuttgarter Unternehmen KuKuk individuell gefertigten robusten Holzbuchstaben, die zum Frühjahr noch einen markanten Anstrich bekommen sollen, mit Kletterelementen und Netzen. Dass sie mit einigen Mitschülern, mittlerweile in der sechsten Klasse, in den Herbstferien sogar selbst beim Bau Hand anlegen durften, freute Jana Sommerfeld und Lucie Augenstein ganz besonders: „Jetzt kann es richtig losgehen und wir werden in Zukunft öfters mit unseren Freunden hierherkommen.“ 

Die Kosten für die Spielfläche, die alle Kinder zur Eröffnung mit selbstbemalten Wimpelketten schmückten, belaufen sich auf 120 000 Euro, hinzu kommen rund 25 000 Euro für die Erd- und Bodenarbeiten. Einige Sponsoren aus der Gemeinde haben sich an den Kosten beteiligt. Die TÜV-Abnahme erfolgte gerade rechtzeitig einen Tag vor der Einweihung, die die Gemeinde ganz bewusst auf den 20. November gelegt hatte: „Man würde für einen Spielplatz in hundert kalten Winter nicht auf einen Termin mitten im November kommen“, erklärte Bürgermeister Luca Wilhelm Prayon, „Heute aber feiern wir passend zum Anlass den 30. Geburtstag der weltweiten UN-Kinderrechtskonvention.“ „So eine Beteiligung und die praktische Umsetzung der Kinderrechte ist genau das, was wir in unserem Programm in den Mittelpunkt stellen wollen: Hochachtung, was Sie hier geleistet haben!“, bekräftigte Heide-Rose Brückner vom Bündnis Kinderfreundliche Kommunen und lobte das Dutzend weiterer umgesetzter oder geplanter Maßnahmen wie beispielsweise die Stelle eines Kinder und Jugendbeauftragten. „Mit der Zertifizierung sind Sie Vorbild und setzen Maßstäbe, das war ein mustergültiger Beteiligungsprozess“, freute sich der Erste Landesbeamte Wolfgang Herz mit der Kreisjugendreferentin Carolin Stelzner. - Julian Zachmann